Über die Osterfeiertage 2012 sind wir den nördlichen Teil des Eselwegs im Spessart gegangen. Drei Etappen führten uns von Schlüchtern über Mernes und Wiesen nach Königshofen.
Region: Spessart
Länge: 58,9 km
Höhenmeter: 2000 m
Tourenzeit: 14:50 h
Wanderzeit (in Bewegung): 12:40 h
Höchster Punkt: 590 m
Tiefster Punkt: 235 m
Schwierigkeit: einfach
Recht kurzfristig haben David, Sabine und ich uns entschlossen, eine kleine Mehrtageswanderung irgendwo bei uns in der Gegend zu machen. Die ausgezeichneten Fernwanderwege im Spessart sind überschaubar: Birkenhainer Straße, Spessartweg 1 und 2 und Eselsweg. Da wir den nördlichen Teil des Spessart nicht wirklich kennen, entschlossen wir uns für den Eselsweg. Unterkünfte haben wir vorgebucht, das waren die Gaststätte “Zum Jossatal” in Mernes und der Berghof in Wiesen. Die Anfahrt nach Schlüchtern übernahm mein Vater, das letzte Etappenziel war bei Sabines Eltern in Königshofen, um uns anschließend wieder nach Rückersbach fahren zu können. Also alles kein Problem.
Die ersten drei Kilometer vom eigentlichen Startpunkt des Eselswegs beim Bahnhof in Schlüchtern bis zum Waldrand sparen wir uns. Wir beginnen direkt am Ortsausgang von Schlüchtern mit der Wanderung. Das Wetter ist kälter als erwartet, die 12 Grad Celsius kommen uns nach dem superheißen Vorwochenende umso kälter vor. Wir sind nur mit leichtem Gepäck und mehreren Kilo(!) Presskopf in Dosen, etwas Brot und Wasser und dem obligatorischen Whiskey unterwegs. Die Grundverpflegung ist gesichert, aber ausbaufähig.
Der Weg steigt zügig durch den Wald auf die Höhen oberhalb des Kinzigtals und darüber hinaus. Wir durchqueren Hohenzell, kommen an einem idyllisch gelegenen alten Gehöft vorbei und überqueren die Kreisstraße. Es geht hinab nach Bellings und am Bellinger Berg vorbei. Der Weg verläuft hauptsächlich auf Landwirtschaftswegen und ist sehr gut ausgeschildert.
Zwischen Bellings und dem Erlebnispark Steinau machen wir einen kurzen Abstecher zum Aussichtsturm “Bellinger Warte” und können einen kurzen Blick auf das Kinzigtal erhaschen. Die Sicht ist wetterbedingt leider eingetrübt. Was uns etwas enttäuscht, ist dass der Weg an der dem Kinzigtal abgewandten Seite des Höhenzugs entlang läuft. Die Aussicht über das Bellinger Tal ist zwar auch schön, aber mehr Aussicht über die Kinzig hätte sicher nicht geschadet.
An einer Schutzhütte nach dem Erlebnispark begrüßen uns vier Burschen aus Laufach. Die Vier sind ebenfalls auf dem Eselsweg bis nach Laufach unterwegs und wollen unterwegs biwaken. Wir probieren von ihrem Berggeist und lassen den Whisky natürlich auch nicht unangetastet.
Es geht weiter bis zum GolfClub Spessart e.V., wo wir auf einer der Bänke am Wegesrand rasten und die erste Dose Presskopf das Zeitliche segnet. Die Kälte macht sich bemerkbar, aber das Restaurant des Golfclubs macht auf uns Wanderer nicht den einladenden Eindruck, so dass wir zügig weitergehen. Mernes ist auch nur noch eine gute Stunde entfernt.
Hinter dem Golfplatz tauchen wir endgültig in den Spessartwald ein. Der Weg wird pfadig, ist aber gut zu laufen. David klagt über ein Unwohlsein und leichtes Schwindelgefühl, was eigentlich gar nicht die Art dieses Naturburschen ist. Es geht alsbald hinab, durch eine Rodung und Aufforstung und wieder in den Wald. Mernes taucht recht plötzlich kurz hinter dem Waldrand auf. Der kleine Ort liegt idyllisch im Jossatal. Bis hierher sind wir insgesamt 21,1 km und 5:40 Stunden unterwegs.
Wir suchen zuerst unsere Unterkunft in der Gaststätte der Ortmitte auf. Wir haben Glück, obwohl noch nicht geöffnet ist, sind die Wirtsleute trotzdem vor Ort und wir können unsere Zimmer beziehen. Wir verabreden uns für eine halbe Stunde später für einen kleinen Ortsrundgang.
Mernes ist überschaubar aber ansehnlich. Die Gemeinde legt offenbar Wert auf das Dorfbild. An vielen Stellen sind kleine Plaketten mit Hinweisen auf die Herkunft und Vergangenheit der einzelnen Häuser angebracht. Nett. Wir machen einen Abstecher zum alten Pfarrheim und auf den Friedhof und stellen fest, dass 80 Prozent der Gräber von fünf Familien stammen. Unser Weg führt uns an der Jossa entlang kurz außerhalb des Orts und zurück zur Gaststätte. David fühlt sich noch unwohler und zieht sich aufs Zimmer zurück.
Sabine und ich gehen noch auf zum alten Wasserwerk von Mernes. Das Industriedenkmal von 1913 beherbergt noch gut erhaltene Pumpen und Motoren. Leider ist abgeschlossen. Das Dach macht übrigens keinen guten Eindruck mehr, die Schindeln auf einer Seite weisen schon große Lücken auf. Um das Nebengebäude ist es noch schlechter bestellt. Schade, hoffentlich schafft es der Förderverein, das Nötigste wieder Instand zu setzen.
Am nächsten Morgen fühlt sich David so schlecht, dass er sich abholen lässt. Sabine nutzt die Gelegenheit um sich eine wärmere Jacke vorbeibringen zu lassen. Ich benötige nichts, ziehe aber vorsichtshalber zwei Hemden an.
Es hat über Nacht geschneit. Der Schnee blieb aber nur auf den Höhen liegen und ist hier auch schnell wieder verschwunden. Das Wetter im April macht was es will!
Gestärkt durch ein ausgiebiges und wirklich gutes Frühstück machen wir uns auf den Weg. Der Weg geht wieder hinauf zur Kreisstraße und folgt dieser eigentlich ständig auf einer parallel laufenden Forststraße. Wenn es keine Forststraße ist, dann ist es ein Trampelpfad hinter der zweiten Baumreihe. Das ist langweilig! Das Wetter ist auch nicht das beste, es ist kalt und ein Nieselregen hat eingesetzt. Brr, eklig. Sabine und ich verlieren uns in Gesprächen über Gott und die Welt und lenken uns dadurch von dem Weg ab.
An einer Pferdekoppel oberhalb von Lettgenbrunn machen wir Rast. Bei schönem Wetter und ohne Wind hat man hier sicher einen schönen Blick auf die Ortschaft und die umliegenden Felder. Wir entscheiden uns, uns in Lettgenbrunn bei einem Kaffee aufzuwärmen. Unsere Wahl fällt auf den Sudetenhof am Ortsausgang Richtung Pfaffenhausen. Die andere Gaststätte in der Ortsmitte hatte geschlossen. Der Sudetenhof ist offenbar ein Landgasthof der gehobenen Klasse. Das Publikum ist entsprechend betagt und betucht, aber der Kaffee ist ausgesprochen lecker und vor allem heiß! Vermutlich kann man hier auch ausgezeichnet essen, ich werde es beim nächsten Mal ausprobieren.
Hinter Lettgenbrunn geht es wieder in den Wald und weiter durch den Wald und durch den Wald und durch den … Wald. Einziger Lichtblick ist die Lichtung oberhalb von Flörsbach. Zu unserer Freude klart es kurz auf und wir genießen die wenigen Sonnenstrahlen auf einer Bank nahe dem Wanderparkplatz an der Straße.
Hier verlassen wir auch schon den Eselsweg. Wir gehen am nahgelegenen Wiesbüttsee vorbei nach Wiesen zum Berghof. Weitere 21,0 km und 5:04 Stunden werden unserem Wandererkonto gutgeschrieben.
Es ist erst Nachmittag, aber wir verspüren heute keine große Lust mehr, nochmal durch Wiesen zu streifen. Stattdessen machen wir es uns im Gastraum am offenen Grillfeuer gemütlich. Die Zeit mit Kaffee und Torte und später mit frischem Grillfleisch und zwei, drei Bier geht schnell vorbei und sorgt für einen angenehmen Abend nach einem nasskalten Tag.
Zu unserem Erstaunen wird im Berghof für die Fernbedienung eines Fernsehers von anno-dazumal und einer Bildschirmgröße ähnlich der eines modernen Smartphones 10 EUR Pfand verlangt. Sachen gibts!
Das Frühstück ist enttäuschend und kein Vergleich zum Vortag. Alte aufgebackene Brötchen, die Wurst lieblos angerichtet aus der Plastikverpackung und welker Salat (wenn auch nur zur Deko) müssen nicht sein. Von einem Gastronomiebetrieb an einem Ostermontag darf man durchaus mehr erwarten!
Wir gehen durch Wiesen zur Marienkapelle mit einem schönen Kreuzweg. Sabine hat sich eine Blase in den fast neuen Schuhen gelaufen, diese will versorgt werden. Tape gewinnt wieder einmal gegen Blasenpflaster. Hier schalte ich auch leider erst das GPS wieder an, daran muss ich mich erstmal gewöhnen.
Wir diskutieren den weiteren Weg. Entweder lang durch den Wald bis nach Schöllkrippen oder kurz durch den Wald bis Edelbach und dann am Waldrand entlang bis Schöllkrippen. Die Wahl ist nicht schwer, dennoch verschlechtert sich Sabines Stimmung mit jedem weitere Schritt durch den Wald und sie legt ein ordentliches Tempo vor. Ich bin froh, als wir bei Edelbach den Wald verlassen. Die Bäume und die schlechte Stimmung lassen wir zurück und spazieren über die Feldwege südlich der Kahl bis nach Schöllkrippen.
Das Himmel klart auf und zwischen den dichten Kumuluswolken kommt die Sonne hindurch. Leider reicht ihre Kraft noch nicht, um uns in kalten Wind wirklich aufzuwärmen. Dafür hat man einen schönen Blick Richtung Schneppenbach und über die Omersbacher Höhen.Es fällt uns mal wieder auf, dass man vor der Haustüre so viele schöne Flecken hat, die man mittlerweile aus selbstverständlich empfindet oder die man so noch gar nicht entdeckt hat!
Wir nehmen uns vor, im Costa Verde einen Kaffee zu trinken, bevor wir das letzte Stück an der Kahl nach bis nach Königshofen aufbrechen. Sabine wettet, dass das Kaffee aufgrund des Feiertags sehr gut besucht ist, ich halte natürlich dagegen, dass bei dem kühlen Wetter wenig Ausflügler den ansonsten stark frequentierten Kahlweg bevölkern. Tut mir leid Sabine, Wette gewonnen!
Der Weg an der Kahl verläuft unspektakulär. Wir sind die einzigen, die heute nachmittag auf dem Rad- und Fußweg unterwegs sind. In den Ortschaften ist auch nicht viel los, die meisten werden das Wochenende im warmen Wohnzimmer verbracht haben. In ein solches gelangen wir dann auch bei Sabines Eltern. Nach 4:03 Stunden und 16,7 km gönnen wir uns noch ein Stück Kuchen, danach fährt uns Sabines Vater wieder nach Johannesberg.
Ich fand die Wanderung eigentlich nicht schlecht, für mich war es nach dem WInterschlaf eine gelungene Generalprobe für die anstehenden Korsikatour im Mai. Ein dickerer Pulli hätte nicht geschadet, aber schwamm drüber. David hatte einfach Pech, er lag noch eine Woche lang mit Fieber im Bett. Sabine war zurecht zwiegespalten. Sie hatte einen Weg mit viel Aussicht und wohl auch besseres Wetter erhofft. Ich kann den “Waldkoller” am letzten Tag gut verstehen, aber für ihre erste Mehrtagestour hat sie tapfer durchgehalten. Das nächste Mal wird es bestimmt besser!
Der Weg ist einfach zu gehen mit guter Beschilderung, aber es fehlt an Aussicht. Lange Strecken verläuft der Weg durch tiefen Wald, das kann schnell eintönig werden und ist nur für hartgesottene Wanderer zu empfehlen. Andererseits ist das der Kern des Spessarts: Wald weit und breit.
Die Unterkünfte sind ordentlich und mit ca. 35 EUR pro Übernachtung inkl. Frühstück preislich angemessen. Die Zimmer im “Zum Jossatal” haben bei uns einen besseren Eindruck hinterlassen als im “Berghof”, dafür hatten hier das Abendessen und die Athmosphäre im Gastraum die Nase vorne.